Ich bin immer noch nicht ganz einverstanden mit Kant seinem apriori, wie er die Arithmetik auf die reine Anschauunge der Zeit, die reine Naturwissenschaft auf die reine Anschauung des Raumes gründet – und darauf ja sein ganzes Gedankengebäude. Nun gibt es da ein schickes Seminar zum Thema Riechen, das genau in diese Richtung geht:
Horkheimer und Adorno verfassen mit der „Dialektik der Aufklärung“ eine kritische Geschichte menschlicher Zivilisation. Während Aufklärung Glück für alle bringen sollte, strahlt die Erde mit dem Sieg der Aufklärung im „triumphalen Unheil“. Alles was an Natur und Tier im Menschen gemahnt war der Aufklärung verdächtig. Die kalte Sonne der Vernunft sollte über der Menschheit strahlen. Das Sinnliche wurde unterworfen und reglementiert – insbesondere das Sehen der Vernunft unterworfen. Wie verhält sich dazu nun das Riechen? Spricht Kant in der „Kritik der reinen Vernunft“ von der Schematisierung und Kategorisierung des Sinnlichen hin zu vernünftiger Erkenntnis, so ist dabei wohl kaum an Gerüche zu denken – auch widersprechen sie ohnehin dem kantischen Postulat der Schematisierung des Sinnlichen in Raum und Zeit schon vor der kategorialen Verarbeitung. Dass das Subjekt, um identisch zu sein, dass Naturhafte austilgte, dürfte sich sich in besonderer Weise am Riechen darlegen lassen. Vor diesem Hintergrund wäre die Dialektik der Aufklärung im Fokus des Riechens zu lesen. Das betrifft auch die Konzeption einer möglichen Befreiung der Menschheit von Herrschaft und Ausbeutung. … Der Mensch soll Subjekt sein können, ohne seine Natur, ohne seine Triebe unterdrücken zu müssen.
Und das ist genau der Punkt. Am Anfang bekommt man eingebläut, dass der Mensch Bewohner zweier Welten sei, der intelligiblen und der Sinnenwelt. Und wegen dieser Gefangenheit in der Sinnenwelt kann der Mensch nicht göttlich sein, das sinnliche als Makel, das einer Erreichung einer Vollkommenheit immer im Weg stehen wird. Hat man diese Unterteilung gefressen, kann der Mensch nicht mehr als Einheit gesehen werden. Dann sind plötzlich so Sachen wie Hunger oder das Bedürfnis nach Nähe Ausfluss einer endlichen unvollkommenen Natur, die immer nur unvollständig mit einem unvollständigen Verstand gedeckelt werden können…
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