Kant & Focault

Das Ringen Kants um die Kategorientafel scheint mir mit meinem verblassenden mathematischen Hintergrundwissen wie das Suchen nach einem Axiomensystem. Kant geht dabei noch davon aus, dass Axiome nicht bewiesen werden müssen, weil sie evident sind. Ich habe diese Suche durch die Brille der Zeit nach der Grundlagenkrise der Mathematik gesehen, mit so Erinnerung an Euklidische und Nicht-Euklidische Geometrie. Deshalb wohl meine Abneigung gegen ein personenunabhängiges, nicht kulturell bedingtes a priori, das allen Einzelvernunften gemeinsam ist.

Dachte ich mir zumindest, dass ich so ticke. Aber dann habe ich nochmal nachgeklickert und festgestellt, dass Focault das a priori als etwa historisch bedingtes sieht. Und „Überwachen und Strafen“ habe ich natürlich gelesen. Und auch Eske Bockelmann mit seinem „Im Takt des Geldes.“ Schon lustig, das hatte ich ganz vergessen, was ich so alles gelesen habe, so dass sich mein Denken dahin entwickelt hat, dass ich denke, dass das Denken (das die Welt mitkonstruiert¹) biografisch und historisch-kulturell determiniert ist.

¹ Wie unter Begriff und Ding zu lesen, wurde ich als Nominalist geoutet – bin nun bestrebt mich zu bessern :-)

Ein Gedanke zu „Kant & Focault

  1. Lieber Herr Müller,
    ich verstehe Ihre Bedenken bezüglich des personenunabhängigen, nicht kulturell bedingten a priori. Doch muss ich dennoch einige Einwände erheben. Denn auch wenn Foucault das a priori als etwas historisch Bedingtes ansieht, so gilt dies nur im Rahmen seiner eigenen Methodik, die er, wenn ich mich recht erinnere, als „archäologisch“ bezeichnet. Das Problem was ich bei den Texten Foucaults immer habe, ist, dass er seine Argumentation immer so mit historischen Beispielen belegt, die genau das zu bestätigen scheinen, was er zeigen möchte, aber nicht berücksichtigt, dass es auch Gegenbeispiele dafür gibt. Insofern bin ich mir nicht sicher, ob man gegen den Kant den Foucault ins Feld führen und sagen sollte: „Na lieber Immanuel, was du da suchst ist nur ein Hirngespinst. Denn was du suchst ist ohnehin durch deine Sozialisation bedingt und spiegelt nur wieder, dass du ein Kind deiner Zeit bist.“
    Als nominalistisch angehauchter Mensch und Liebhaber der Denkweise solcher Männer wie Leibniz und Newton möchte ich etwas zu bedenken geben, was die Suche nach solchen a priori Axiomsystemen angeht und was zugleich Foucault kritisiert. Allgemein kann man, wie Sie ja auch sagen, davon ausgehen, dass das Denken unsere Welt mitkonstruiert. Würden wir nun Foucault zustimmen und sagen, dass unser Denken stets allein durch die historisch-kulturellen Umstände bedingt ist, dann scheint es doch so, dass uns dadurch auch eine unüberwindbare Schranke unseres Denkens auferlegt ist. Wie ließe sich nämlich etwas denken, was nicht irgendwie innerhalb unseres historisch-kulturellen Erfahrungsbereiches wäre? Unser Denken könnte also niemals weiter reichen, als es unsere Erfahrung zulässt. Daraus würde sich jedoch für einen Nominalisten, der zugleich Mathematiker ist, die Frage ergeben: „Wie kann ich mir dann aber erklären, dass es Mathematik gibt?“ Eine historisch-kulturelle Einschränkung ließe sich vielleicht noch bei der Art von Mathematik vertreten, die ihre Darstellung vor allem in der Geometrie gefunden hat. Denn man könnte stets sagen: „Naja, die Gegenstände unserer Erfahrung haben diese und jene Formen und lassen sich daher z.B. auf das Problem anwenden, wie man eine stabile Brücke oder ein Haus baut, da ich das auf einem Blattpapier fein säuberlich geometrisch darstellen kann.“ Doch wie steht es um jenen Bereich der Mathematik, der sich uns durch verschiedene Kalküle eröffnet, d.h. die höhere Mathematik. Was in der höheren Mathematik beschrieben wird, dies war keinesfalls für einen Menschen ein Gegenstand seiner historisch-kulturellen Erfahrung und trotzdem gibt es sie und es wird mit ihr gearbeitet. Ist dies nicht ein Beispiel dafür, dass ein Verstandeswesen durch sein Denken über seine Erfahrung hinausgehen kann und dadurch vielleicht Strukturen erkennen bzw. ableiten kann, die seiner Erfahrung zugrunde liegen? Wenn wir uns das einmal zugestehen, dann muss man jedoch auch im Sinne Leibnizens sagen, dass man nicht davon ausgehen kann, dass das was dann beschrieben wird, auch der Wirklichkeit entsprechen muss. Denn auch wenn wir mit unserem Denken über unsere Erfahrung hinausgehen können, so sind wir ja doch nur beschränkte Verstandeswesen, deren Erkenntniskraft nur so weit reicht, wie es ihr Verstand zulässt.
    Insofern würde ich auf ihr a priori Problem antworten, dass solche Axiomsysteme natürlich personbezogen sind, doch damit ihren Anspruch auf einen nicht-kulturell bedingten Begründungsanspruch a priori nicht verlieren. Denn letztlich kann es immer sein, dass solch ein System die Wirklichkeit in richtiger Art und Weise beschreibt. Doch stellt sich somit letztlich die Frage: „Ja, und woher wissen wir das dann, wenn dies der Fall ist?“

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