Diotima

Ich zweifele ja immer mehr an, dass das Gute 100%ig rational geklärt werden kann. Die von uns behandelten Denker bestreiten dies nicht. Aber mir bleibt immer so ein fader Beigeschmack, weil sich die rationalistischen Heilslehren alle gleich anhören: Du kannst das Gute/Richtige erkennen, du bist frei es zu tun und wenn du es nicht machst, bist du eine willensschwache Wurst.

All der ganze positive Kram um Spiegelneuronen, Bindungstypen und Empathie spielt keine Rolle. Nun könnte ich ja sagen: naja, das sind alles Forschungsergebnisse, die allerhöchstens 50 Jahre alt sind und unsere alten Herren Philosophen aus dem Studium konnten das noch nicht wissen. Aber über den Umweg über Eves Welt ist mir Diotima über den Weg gelaufen und die Dame stammt aus einem Platodialog und hat Sokrates gelehrt:

Der Mensch verfügt über Zeugungskraft oder Fruchtbarkeit sowohl im körperlichen als auch im seelischen Sinne. Diese Fähigkeit des Hervorbringens ist ebenso wie die Schönheit von göttlicher Art, daher kann sie sich dort entfalten, wo sie auf Schönes trifft; mit Hässlichem harmoniert sie nicht, daher wird sie von ihm nicht aktiviert. Aus diesem Grund richtet sich das erotische Begehren auf das Schöne. Dabei wird aber das Schöne nicht als solches erstrebt. Der erotische Drang ist nicht Liebe zum Schönen, sondern ein Drang zum Zeugen und Hervorbringen im Schönen. Das Sterbliche strebt nämlich nach Unsterblichkeit. Mittels der Fortpflanzung können Sterbliche etwas von sich hinterlassen und so eine Dauerhaftigkeit erreichen, mit der sie gewissermaßen am Unsterblichen teilhaben. Analog dazu ist auch das Hervorbringen dauerhafter geistiger Werte, etwa in der Dichtung oder der Gesetzgebung, eine Art von Zeugung, die „unsterblichen“ Ruhm verschafft.

M.a.W. Wir sind darauf konditioniert das Gute und Schöne zu wollen – und nicht zu sollen.

So, und jetzt lese ich noch das Original.

Nisargadatta

so ein indischer Sokrates erzählt für meine Ohren ähnlich verflüssigte Sachen wie Hegel. Natürlich sind meine Ohren viel zu grob, so das ich die Unterschiede nicht genau benennen kann:

Individualität (Vyakti) ist für Nisargadatta eine Projektion des inneren Selbst (Vyakta), das wiederum aus dem Absoluten (Avyakta) entsteht. Das innere Selbst und das Absolute sind eins:

Das äußere Selbst (Vyakti, Individualität) ist nur eine Projektion des inneren Selbst (Vyakta, wörtl.: das Entfaltete), das wiederum ein Ausdruck des Absoluten (Avyakta, wörtl.: das Unentfaltete) ist, das alles und nichts ist… Wenn die Vyakti ihre Nicht-Existenz in Separation vom Vyakta realisiert und der Vyakta die Vyakti als seinen eigenen Ausdruck sieht, dann kommen die Ruhe und der Frieden des absoluten, unentfalteten Zustandes zum Tragen. In Wirklichkeit sind die drei Eines: Vyakta und Avyakta sind untrennbar, während Vyakti die wahrnehmende, fühlende, denkende Aktivität ist, die aus dem Körper entsteht, der aus den fünf Elementen entsteht.

Man müsse den Zustand der reinen Beobachtung erreichen:

Die Realität existiert, und ist ihrem Wesen nach beobachtendes Bewusstsein. Natürlich ist sie jenseits des Beobachters, aber um in sie hineinzugelangen, muss man zuerst den Zustand der reinen Beobachtung erreichen…Der Beobachter (Vyakta) ist die Reflexion der Realität (Avyakta) in ihrer vollkommenen Makellosigkeit … Die Geisteshaltung der inneren Beobachtung ist außerordentlich machtvoll.

Es sei nötig, sich zu beobachten, um die Trennung des Selbst vom Nicht-Selbst zu erkennen:

Du musst dich permanent beobachten – vor allem deine Gedanken – in jedem Moment, ohne etwas auszulassen. Die Beobachtung ist wesentlich zur Trennung des Selbst vom nicht-Selbst … Sei dir jenes Zustandes bewusst, der einfach nur Sein ist, ohne dieses oder jenes zu sein.

ichbinungeboren

Fundstück

Du musst das ganze Leben verstehen,
nicht nur einen kleinen Teil davon.
Deshalb musst du lesen,
deshalb musst du den Himmel betrachten,
deshalb musst du singen und tanzen und
Gedichte schreiben und leiden, und verstehen,
denn all das ist Leben.

J. Krishnamurti

 

Mensch-Tier-Vergleich

Ringvorlesung der Studentische Förderinitiative der Naturwissenschaften e.V.

Es gibt zwei Lager:

  1. Radikale Mensch-Tier-Trenner, Dualisten, Leib-Seele-Vefechter, Kant, Plato
  2. stetiger Übergang Mensch Tier, Aristoteles, Rousseau, Nietzsche, Plessner

und jede Menge „tolle Sprüche“:

Nietzsche:

Der Mensch ist das Tier, das Versprechen darf.

Menschsein ist Spannung aushalten

Plessner:

Der Zwiespalt zwischen Mensch und Tier ist ein Zwiespalt im Menschen selbst.

Mitschrift

Aristoteles und die Salutogenese

Da lief mir doch auf einem Seminar zur Dialogischen Haltung mit Johannes Schopp die Salutogenese über den Weg.

Also Salutogenese: Gesundheit nicht als Zustand der Abwesenheit von Krankheit. Medizin nicht als Bekämpfen von Krankheit, sondern als Fördern von Gesundheit. Nachschauen, was machen die Leute, die gesund sind. Weg vom Gegensatzpaar krank-gesund.

Und das ist doch wohl Aristoteles Ethikauffassung ziemlich verwandt. Bei ihm gab es noch nicht Gut & Böse als Handlungsoptionen. Bei ihm wollten noch alle das Gute und die, die Mist gebaut haben, konnten es nicht besser.

Das passt doch gut zusammen.