Und dann noch: „Zeitkonzepte in andinen Denktraditionen
und abendländischer Philosophie„
Schlagwort-Archive: Aristoteles
Gewaltfreie Kommunikation & Ethik
Als wissenschaftliche Hausarbeit so ein Textchen: „Bezüge der Gewaltfreien Kommunikation zu den Ethiken von Immanuel Kant und Aristoteles“
Aristoteles und Nachhaltigkeit
Aristoteles in der Nikomachischen Ethik:
Das vollendet Gute muß sich selbst genügen. Wir verstehen darunter ein Genügen nicht bloß für den Einzelnen, der für sich lebt, sondern auch für seine Eltern, Kinder, Weib, Freunde und Mitbürger überhaupt, da der Mensch von Natur für die staatliche Gemeinschaft bestimmt ist. Indessen muß hier eine Grenze gezogen werden. Denn wollte man dies noch weiter auf die Vorfahren und Nachkommen und auf die Freunde der Freunde ausdehnen, so käme man an kein Ende.
Dieses Ausdehnen auf Nachkommen und Freunde der Freunde, das ist genau das was für indigene Völker selbstverständlich ist, was im Konzept des buen vivir steckt, worauf wir Westler uns erst wieder rückbesinnen müssen. Wurzelt unser Die-Erde-Untertan-machen und Nach-mir-die-Sintflut kulturell in dieser Zeit?
Was heißt „Sein“
Heureka, klick im Hirn. Ich weiß es nicht. Ich habe gemerkt, dass mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine schlüssige Erklärung, keine Definition für das Wort „sein“ oder „ist“ zur Verfügung steht. Jeder garstige Sokrates könnte mich mit geschickten Fragen in die Ecke treiben, wenn ich behauptete, ich hätte vom Konzept der Existenz mehr als nur eine Vorstellung.
Zwei Sachen fanden vor diesem Klick statt:
1. Sebastian hat mich in seinem Kommentar zu Begriff und Ding entlarvt:
Aus Ihrer Darstellung ist ersichtlich, dass sie nominalistisch Argumentieren, indem Sie die Prämisse einführen, dass es nur Einzeldinge gibt und dass diese die Gegenstände unserer Erkenntnis sind, welche letztlich als unvollkommene Begriffe (Abglanz) in unserem Kopf rumgeistern…
Diese Analyse trifft wohl zu und hat mich schwer getroffen. Vielen Dank für die Granate in ein Fundament meiner Gedankengebäude. Ich kann jetzt klarer erkennen, wie ich ticke, wenn ich unreflektiert nachdenke.
2. Im Aristotelesseminar gab es die Frage, was denn wohl typisch aristotelisches Denken sei. Es gab eine schnelle Kurzübersicht, die in der Zusammenfassung mündete, dass Aristoteles im Grunde genommen möglichst vorausetzungslose analytische Philosophie betreibe. Mir fiel das Bild von Strawson ein, der meinte, wir hätten mit unserer Sprache ein Netz vor uns mit allerlei Knoten und Verbindungen, die der Philosoph untersuche. Das Sein ist dann so ein Knoten mit besonders vielen Verbindungen zu andren Knoten. Aber die Philosophie kann gar nicht klären ob es etwas gibt, sie kann nur versuchen zu klären, was es heißt: Der Stuhl ist. Das Seiende als Seiendes eben.
Begriff und Ding
Die Beerdigung von Herrn M. Es kann auch ein feierliches Dinner von Herrn und Frau M. zum 28. Hochzeitstag sein. Auf jeden Fall ein Ereignis, dass garantiert einmalig ist. Da fällt mir auf: Gibt es Ereignisse, die nicht garantiert einmalig sind? Eher nicht. Es ist der endliche, grobe menschliche Verstand, der nur einen Bruchteil der Eigenschaften eines Dinges oder Gegenstandes erfasst. Dieses endliche Abbild des unendlich komplexen Einzeldinges ist der Begriff vom Ding. Der elende Abglanz des ganzen Dinges. Es scheinen sich also unendlich komplexe Welt und endliches begriffliches Abbild der Welt gegenüberzustehen. Ich kenne zwei Wege mit dem Dilemma fertig zu werden:
- Die fernöstlichen Freunde der Meditation verteufeln das Denken, lassen in der Meditation den Verstand zur Ruhe kommen. Manche erlangen auf diesem Weg etwas, was sie Erleuchtung nennen, das sie aber nicht teilen können, von dem sie aber überzeugt sind, dass es eine geeignete Methode sei, das Ganze zu schauen.
- Die Freunde des westlichen Denkens können trainieren, sich stets und ständig ihres endlichen, vorläufigen Charakters ihres begrifflichen Abbildes der Welt bewusst zu sein. Ein Weg zu mehr Achtsamkeit, genau wie bei den Freunden der Meditation.
Und ich sehe auch ganz deutlich, dass bei meinen wilden Schülern keine Einsicht in dieses Problem besteht. Sie sind von der Identität der Welt und dessen, „was ihnen durch die Rübe rauscht“, überzeugt.
Aristoteles und die Erste Wissenschaft
Ich habe Zweifel an der Bestimmung des Gegenstandes der Ersten Wissenschaft.
Der Zweifel geht so:
Es wurde über Gattung und Art geredet. Und wie sukzessive immer mehr Eigenschaften weggelassen werden. Extension erweitern, Intension verkleinern. Und dann wird suggeriert, käme man auf genau eine abstrakte Ebene, bei der es nur noch um das Sein ginge. Mir kommt das ganze wie ein hierarchisches System vor, in dem es eine eindeutig definierte Spitze gibt.
Aber ist das so? Wenn ich die Taxonomie der Biologie betrachte und genauso schließe wie bei der Begründung des Gegenstandes der Ersten Wissenschaft, dann komme ich zur Untersuchung der Ersten Art, des ursprünglichen Lebewesens. Nach heutigem Stand des Wissens hat es ein solches Lebewesen aber nicht gegeben und der Anfang des Lebens fand in so einer Ursuppe aus organischen Verbindungen statt.
Und genau das ist mein Zweifel: Woher kommt der Optimismus, durch Abstraktion von allen Eigenschaften auf genau eine Erste Wissenschaft zu kommen? Der Zweifel des Mathematikers, der weiß wie schwer es ist, vom Verhalten einer Zahlenfolge im Endlichen auf ihren Grenzwert im Unendlichen zu schließen.
Vektoren der Entwicklung
- Beim Teleologen Aristoteles streben alle nach dem Telos. Und diese Telos ist das Gute. Die, die es nicht machen, den mangelt es an den soft-skills den vorgezeichneten Weg zu gehen. Also so eine Anziehungskraft zwischen uns und dem Telos.
- Die Aufklärer feiern Vernunft und freien Willen, brauchen für die Richtung deren Strebens wabbelige Konstrukte (Gott & Co.), von denen sie selber wissen, dass sie weder bewiesen noch widerlegt werden können. Also kraft unseres Willens bringen wir uns an jedem Punkt unserer Bahn auf Kurs.
- Den dialektischen Dreisprung machen die menschenfreundlichen Neurobiologen, etwa Gerald Hüther oder Joachim Bauer. Sie meinen nachweisen zu können, dass der Mensch auf gelingende Kooperation präkonditioniert ist. Wer solche Verhältnisse in seiner Kindheit und Jugend nicht erlebt, hat allerdings die Arschkarte gezogen, dem fehlen dann nämlich ein paar Synapsen für die notwendige Empathiefähigkeit. So als ob uns die Evolution in eine bestimmte (und zwar nette) Richtung schießt.
Philosophie als Herrschaftstechnik?
Was bedeutet es, in einem geschlossenen System mit fertigen Begriffen nach vorgegebenen Regeln zu Jonglieren? Ich sehe in „unserem“ System drei eherne Säulen: zweiwertige Logik/Widerspruchsprinzip, die Annahme von a-priori-Fakten & Anthropozentrismus.
Ich schreibe das, weil ich gestern einen Vortrag zum Konzept des Sumak kawsay der indigenen Völker des Andenraumes gehört habe. Dort gab es Hinweise auf das Denken in vorkolonialer Zeit:
- Es gibt so ein zentrales Konzept „pacha“, das Zeit und Raum enthält. Die Zukunft ist in diesem Denken ein Wieder-Holen der Vergangenheit. Der Referent erinnerte sich an seine Verwirrungen als er mit 6 Jahren Spanisch lernte und damit ein neues „a priori“ aufgedrückt bekam.
- Es gibt ein Denken in 4 Wahrheitswerten im Sinne einer Tetralektik. Mir fiel sofort das Tetralemma ein. In einem Nebensatz hieß es, dass Aristoteles ein solches Denken verdrängt habe.
- Schon das Denken des Menschen als Teil der Natur trennt ihn von dieser. Es gibt überhaupt keinen Gegensatz keine Dualität: hier der Mensch – da das Andere die Umwelt, die Natur.
Und was heißt das nun, wenn Kant sagt, wir können nicht zu den Dingen an sich vordringen und sehen unsere Welt durch die apriori-Brille. Kann es sein, das wir durch unsere Art des Philosophierens Teil des Systems sind, das gerade auf eine Singularität zusteuert. Und dann stellt sich raus: an anderen Ecken der Welt gibt es andere Brillen.
Fuck off Metaphysik :-)
«Die grösste Ersparnis, die sich im Bereich des Denkens erzielen lässt, besteht darin, die Nicht-Verstehbarkeit der Welt hinzunehmen – und sich um den Menschen zu kümmern.»
Albert Camus
Der Aristoteles mit seiner Trennung von theoretischer und praktischer Philosophie war schon ein Fuchs.
Thomas von Aquin: De Ente et Essentia
Zur Vorbereitung der Klausur hatte ich mal aufgeschrieben wie ich die ersten drei Kapitel verstanden habe: Weiterlesen